Mahnender Mühlstein: Kunst macht sichtbar

Mit dem mahnenden Mühlstein wollen wir ein Zeichen setzen. Ein gewichtiges Zeichen gegen Menschen, die die Würde und Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen verletzen. Dieses Zeichen ist ein 1,4 Tonnen schwerer Mühlstein. Das ungewöhnliche Mahnmal trägt ein Zitat aus dem Matthäus-Evangelium, Kapitel 18, Vers 6:

„WER ABER EINEM VON DIESEN KLEINEN, DIE AN MICH GLAUBEN, ÄRGERNIS GIBT, DEM WÄRE ES BESSER, WENN IHM EIN MÜHLSTEIN AN DEN HALS GEHÄNGT UND ER IN DIE TIEFE DES MEERES VERSENKT WÜRDE”

Konzeptioneller Hintergrund

Mit der künstlerischen Gestaltung und einer sehr aufwändigen Ausarbeitung des 150 Buchstaben umfassenden Bibelzitates unterstützen wir ehrenamtlich die bundesweite „Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kinder und Jugendlichen e.V.”, dessen Vorsitzender Johannes Heibel im Dezember 2007 mit der Aktions-Idee „Mahnender Mühlstein” an uns herantrat.

Wege der Bewusstmachung

Der mahnende Mühlstein ist seit Mitte 2008 deutschlandweit auf Reisen, um auf allen wichtigen öffentlichen Plätzen Menschen im besten Sinne des Wortes wachzurütteln und Erwachsene stetig an ihre große Verantwortung gegenüber Kindern zu erinnern. Unser Ziel: unser aller Achtsamkeit nachdrücklich und einprägsam zu erhöhen.

Nachtgedanken des Bildhauers

Nachtgedanken des Bildhauers

Nachdem Herr Heibel uns im Dezember 2007 erstmalig kontaktierte und mit seiner Idee vom „Mahnenden Mühlstein“ an uns herantrat, fanden mein Bruder und ich diese Aktion sehr unterstützungswürdig – ging es ja nur um eine handwerkliche Hilfe.

Als wir uns dann Ende Januar kennen lernten, fühlte ich spontan, dass die Chemie stimmt. Dies ist für mich eigentlich immer ungeheuer wichtig, um mich in eine Arbeit einzuleben, einzufühlen, damit es keine reine Pflichterfüllung wird sondern ein Werk, was bei und mit der Arbeit wächst. So dachte ich würde das auch mit dem „Mahnenden Mühlstein“ werden.
Die Entwurfsarbeiten zur Gestaltung des Mühlsteines begannen und auch die Auseinandersetzung damit und mit mir. Die intensive Konfrontation mit dem bis dato nur eher oberflächig wahrgenommenen Bibelzitat aus dem Johannes Evangelium, mit all seiner rigerosen, gewaltigen und auch kompromisslosen  Aussage über das Unfassbare, wozu Menschen anscheinend in der Lage sind, dem höchsten Gut unserer Erde etwas zu Leide zu tun, Grundvertrauen zu missbrauchen und für eigene bestialische Dinge auszunutzen, begann. Das es so etwas überhaupt gibt. Aber jeder weiß, es passiert.
Beim Zeichnen geht mir jedes einzelne Wort der Aussage durch den Kopf: „…dem wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.“

Hat es so etwas vor 2000 Jahren schon gegeben oder hatte dieser Mann, der Sohn Gottes, eine Ahnung auf welch bestialische Art und Weise der Mensch sich entwickeln würde? Es fällt mir schwer, mich auf die Gestaltung und den Schrift-Rhythmus zu konzentrieren, muss außergewöhnlich viel radieren.

Wo sind die Menschen, die in der Lage sind so etwas zu tun? Ich hoffe es gibt niemanden davon in meinem Bekanntenkreis, aber in der Fußgängerzone gibt es sie bestimmt…
Es kann nicht sein, dass dieses Verhalten als Krankheit eingestuft wird und als therapierbar gilt…
Es darf nicht sein, dass man fast täglich in den Nachrichten Fälle von Kindesmissbrauch und Kindesentführung hört und einfach so hinnimmt, als wäre in China ein Sack Reis umgefallen…
Höre gerade in den Nachrichten, dass in den neuen Bundesländern wieder ein Kind verschwunden ist…
Wie gut, dass es Menschen wie Johannes Heibel gibt, die Ihre gesamte kostbare Freizeit dem Einsatz und dem Kampf dieser wichtigen Sache widmen – ich bin froh, dass wir uns gefunden haben.
Gibt es Zufälle? Ich glaube eher nicht…

DANN DIE ENDLOSEN MAILS UND DISKUSSIONEN AM TELEFON UM DIE FREIGABE ZUR GRAVUR VOM LIEBEN JOHANNES ZU BEKOMMEN. Im Grunde ist es immer so, die Auseinandersetzung dient auch dem Gewerk. Einen Stein zu gestalten funktioniert letztendlich immer nur in der direkten Auseinandersetzung zwischen Stein und Gestaltungselementen und meistens nicht mittels einer Fotografie oder irgendwelcher Vorlagen.

ICH HABE DIE FREIGABE.

Ich glaube, Johannes Heibel hat einfach keine Lust mehr, mit mir über die Oberflächengestaltung zu diskutieren, er gibt seinen Mühlstein zur Gravur frei.
Der Pressetermin wird anberaumt und Bruno der Steinmetz beginnt mit der Arbeit – drei Tage vor dem Pressetermin – um überhaupt an diesem Tage vom gravierten Bibelzitat etwas zeigen zu können. Habe tagsüber im Alltagseinerlei den Schriftentwurf auf den Mühlstein in einigen Etappen übertragen.

Es ist Montag, der 14. März 2008.
Habe mich gegen 23 Uhr von zu Hause verabschiedet und begebe mich in meine Werkstatt. Meine Frau geht schlafen. Bin nun mit dem Mühlstein alleine.
Beginne zu gravieren, Gedanken schießen mir nach einiger Zeit durch den Kopf, was sind das für Menschen, die an Kindern etwas finden, ich bin fassungslos, Tränen stehen mir in den Augen und immer wieder und wieder dieses Bibelzitat in meinem Kopf. – Breche die Arbeit ab und gehe nach Hause – ziehe mir die Arbeitsschuhe aus und gehe in die Kinderzimmer, zuerst zu Joshua – er schläft. Streichele seine Hände und seine Stirn, dann zu Anna-Lena, streichele ihre Hände und Ihre Stirn, alles in Ordnung, wie groß sie schon sind, was wäre mein Leben ohne sie. Ich bete für Sie und alle Kinder, dass ihnen Erfahrungen erspart bleiben wofür Johannes Heibel sich einsetzt. Zu Claudia und Jana gehe ich nicht mehr – könnte sie aufwecken. Die Schlafzimmertüre steht offen, höre Jana kurz seufzen und weiß alles ist in Ordnung.
Schöpfer ich danke Dir für diese Familie und meine Kinder.
Gehe zurück zur Arbeit und bin noch überzeugter von meinen Einsatz.
Komme gegen 6 Uhr nach Hause, mach mir einen Kaffee und freue mich auf die Kinder, wie sie nacheinander wach werden.
Bin emotional geladen, mit Hass und Wut im Bauch über diese Menschen, die in der Lage sind Kinder-Vertrauen für ihre schäbigen und niederträchtigen Phantasien auszubeuten und freuen mich dennoch, eine handwerklich gute Nacht erlebt zu haben.
War in dieser Nacht gefangen. Vielen dank lieber Johannes für diese Nacht, ohne Dich hätte ich dieses tiefe Erlebnis nicht gehabt.

Bruno Harich

Pressebericht
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